Sexismus und Rassismus

Seit einigen Tagen richtet sich unser Blick ungläubig, erschreckt oder mitfühlend auf die Unruhen in den USA. Das Thema Rassismus ist ein schon lange schwelender Konflikt in der amerikanischen Gesellschaft, der sich immer wieder an willkürlich ausgeübter Polizeigewalt entzündet. So abstoßend die konkrete Situation dort auch ist, macht es doch Sinn den Blick nach innen, also unserer Gesellschaft und unseren Verhältnissen zuzuwenden.

„Sexismus, Rassismus und Homophobie gehen Hand in Hand“, Prof. Dr. Judith Wyttenbach, Assistenzprofessorin Universität Bern.

In den Sozialwissenschaften wird Sexismus, Homophobie und Rassismus unter dem Begriff  „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ geführt. (Wikipedia)

Sexismus Homophobie und Rassismus haben viel gemeinsam. Immer geht es darum, zu Verallgemeinern, Menschen als ‚anders‘ wahrzunehmen oder zu konstruieren, sie zu bewerten bzw. abzuwerten. Gleichzeitig wird die eigene Identität von diesem ‚Anderssein‘ abgegrenzt und aufgewertet, um damit verbundene Privilegien wie Macht oder besondere gesellschaftliche Wertschätzung zu erhalten, uns selbst aufzuwerten oder Aggressionen zu rechtfertigen.

„Jede Frau und jedes Mädchen, gleichgültig wie alt oder attraktiv sie ist, welcher Nationalität oder Religion sie angehört, kann sexualisierte Gewalt erleiden“, heißt es auf der Homepage des Hilfetelefons der Bundesregierung in Köln. „Sexualisierte Gewalt gegen erwachsene Frauen wird nicht nur in Form von Vergewaltigungen ausgeübt. Sie äußert sich auch durch sexuelle Belästigung, zum Beispiel in Form von:

  • sexuellen Anspielungen, obszönen Worten oder Gesten
  • aufdringlichen und unangenehmen Blicken
  • Briefen oder elektronischen Nachrichten mit sexuellem Inhalt
  • dem unerwünschten Zeigen oder Zusenden von Bildern oder Videos mit pornografischem Inhalt
  • sexualisierten Berührungen“

Man kann diese Aufzählung erweitern um die strukturelle Diskriminierung wie z.B.

bei einer Vergewaltigung müssen Frauen explizit nein sagen, auch wenn sie nicht in der Lage dazu sind, sonst wird es als minderschweres Vergehen behandelt oder

die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit.

„Sexismus wird gegenwärtig zweifellos selbstverständlicher hingenommen als Rassismus“

Frauenforscherinnen, die sich mit Rassismus beschäftigen, weisen darauf hin, dass sowohl beim Rassismus als auch beim Sexismus Menschen auf Grund ihres Körpers, also aufgrund wahrnehmbarer Äußerlichkeiten vermeintlich „innerliche Eigenschaften“ zugeschrieben werden. Um sie wegen ihrer geschlechtlichen oder ethnischen Gruppenzugehörigkeit zu unterdrücken oder gar auszurotten, werden und wurden oft auch z.B. christliche, kulturelle oder nationalistische Legitimationen angeführt.

Gerne wird auch ein deutlicher Unterschied gemacht zwischen „unserem“ westlichen Lebensstil und dem Lebensstil der „Anderen“. Unser Lebensstil, die aufgeklärte Kultur des westlichen Abendlandes, zeichnet sich angeblich durch ihre Individualität und Rationalität, das Individuum und seine Entwicklungschancen aus. Dagegen wird am Lebensstil der Fremden, der „Anderen“ vor allem deren kollektive Lebensform betont, die sich auszeichnet durch sozialen, familiären Gruppendruck und Ungleichheit der Geschlechter.

In allen Fällen werden wir dem Einzelnen, seinen berechtigten Wünschen und Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben nicht gerecht. Wir müssen uns fragen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.

Wir alle sind nicht gefeit vor unbewussten sexistischen oder rassistischen Gedanken – also seien wir wachsam und mutig.