Unlust – Krankheit – Verlangen
Guten Morgen,
ich, 49, bin mit meinem Partner seid März zusammen … ich kann von Herzen sagen dass ich ihn liebe … ich habe Verlangen nach ihm. Mein Partner, 50, war vor uns 20 Jahre Single … ohne auch dazwischen eine Frau gehabt zu haben. Wenn wir intim wurden … bekommt er oft Krämpfe im linken Bein … jedesmal … ich glaube mit ein Grund, warum sich Unlust seinerseits einschleicht.
Ich hab schon überlegt, ob es durch seinen Schlaganfall kommt … denn rein vom Muskel dürfte nach jedem Tag, 24 Km zur Arbeit mt dem Fahrrad fahren, kein Problem darstellen.
Ich merke, wie ich frustriert werde. Manchmal auch zynisch … dezent angepisst … handauflegen bringt gefühlt halt auch nichts. Wenn wir nebeneinander liegen … streichle ich ihn immer … seine Hand liegt platsch auf meinem Rücken oder Schenkel.
Ich liebe Sex und hatte immer ausgiebig Spaß … und ja, mit ihm schläft alles ein … da hilft irgendwie nichts. Ach, keine Ahnung was ich tun soll … ich frage ihn, hast du keine Lust auf mich … doch natürlich und damit war es das auch wieder. Anfangen würde er nie … und ich merke, wie ich es auch nicht mehr mache … aus Unzufriedenheit heraus.
Viele Grüße Tanja
Liebe Tanja,
ich kann Ihren Frust und Ihre Enttäuschung gut nachvollziehen. Ich verstehe, dass Sexualität für Sie zu einer Beziehung gehört, dass Sie aufgrund seines Verhaltens enttäuscht und verletzt sind, sich abgewiesen und in Ihrem Frausein nicht bestätigt fühlen. Wie Sie Ihre Situation beschreiben, scheint es, dass Ihr Partner kein Bedürfnis nach sexuellem Zusammensein hat. Auch liest es ich für mich so, dass Sie beide kein offenes Gespräch über Ihre sexuellen Wünsche und Bedürfnisse führen können. Da er sich nicht äußert, kennen Sie auch nicht den Grund für sein Verhalten. Immerhin hatte er 20 Jahre keine Beziehung und – wie Sie schreiben – auch keine Sexualität. Das ist für einen Mann zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr ungewöhnlich.
Wie wäre es, wenn Sie nicht nur Ihre sexuellen Wünsche formulieren, sondern aktiv werden? Wählen Sie ein „Zeitfenster“ von mindestens 45 Minuten, in dem Sie beide ungestört und nicht müde sind. Versuchen Sie, keine Erwartungen, keinen Druck aufzubauen. Bieten Sie ihm an, ihn in einer wohltuenden Umgebung absichtslos verwöhnen zu wollen und beginnen Sie, beide unbekleidet, mit seiner Rückseite.
Es braucht nicht zwangsläufig Öl. Gestalten Sie langsame, liebevolle Berührungen, die nicht sexuell wirken. Seien Sie aufmerksam und beziehen Sie seine ganze Rückseite mit ein. Nach der Hälfte der Zeit bitten Sie ihn, sich auf den Rücken zu drehen und bleiben Sie sexuell zurückhaltend. Das bedeutet nicht, dass die Genitalien ausgespart werden … aber Sie stimulieren sie nicht. Sollten Sie zum Ende hin wahrnehmen, dass er vielleicht doch „Interesse an mehr hat“, gehen Sie darauf ein. Falls nicht, war es eine Möglichkeit, sich körperlich zu begegnen und den Kontakt nicht ganz abreißen zu lassen.
Es gibt die verschiedensten Gründe, warum ein Mann sexuell ausweicht:
Ich vermute, dass Sie mehr sexuelle Erfahrungen haben als er. Es könnte sein, dass er sich Ihnen gegenüber „minderwertig“, unmännlich fühlt.
Er leidet eventuell unter sexuellen Problemen wie Unlust, Erektionsstörungen oder frühzeitige Ejakulation und schämt sich dafür, hat Schuldgefühle, weil er seine Partnerin nicht befriedigen kann. Hier könnte ein Termin bei einer Sexualberatung hilfreich sein.
Ich bin keine Ärztin, aber die beschriebenen Krämpfe im Bein könnten eine unbewusste emotionale Abwehr sein.
In Frage kommen allerdings auch gesundheitliche, körperliche Einschränkungen. Für die sexuelle Gesundheit ist es wichtig, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Hausarzt wahrzunehmen. Ein Termin bei einem Urologen oder Urologin wird klären ob der Testosteronwert altersgemäß ist.
Es kann aber auch sein, dass er die Beziehung mit Ihnen nicht aufgrund des sexuellen Begehrens, sondern aus anderen Gründen, wie „ich möchte nicht alleine leben, wir verstehen uns so gut,“ eingegangen ist.
Er ist möglicherweise asexuell. Wobei ich hier unbedingt erwähnen möchte, dass nur ein wirklich sehr geringer Teil der Bevölkerung asexuell ist.
Man kann einen Partner nicht zum Sex zwingen. Umso wichtiger ist, dass Sie sich beide in dieser Situation darüber klar werden, wie wichtig Ihnen Sexualität ist. Sagen Sie ihm deutlich, wie Sie sich fühlen und schlagen Sie ihm vor, das Thema in einer Beratung anzusprechen. Treffen Sie eine Entscheidung. Es ist ein Angebot an ihn um Ihre Beziehung zu retten. Schlägt er es aus, sollten Sie sich überlegen, ob diese Art des Zusammenseins für Sie das Richtige ist.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.