Elternschaft und Sexualität

„Wir waren sexuell nie besonders aktiv … dann kamen die Kinder und wir hatten überhaupt keinen Sex mehr.“ 

„Wir waren sexuell glücklich – mit der ersten Schwangerschaft hatten wir immer weniger Sex und seitdem die Kinder da sind, haben wir uns sexuell verloren.“

Aussagen dieser Art höre ich, gerade auch von Männern immer wieder … es scheint, Elternschaft und Sexualität sind unmöglich oder nur sehr schwer mit einander zu vereinbaren.

Für mich drängt sich zunächst die Frage auf, wie war die gelebte Sexualität vor der Schwangerschaft? Wir gehen stillschweigend davon aus, dass Sexualität zu Beginn der Beziehung für beide mit an erster Stelle steht. Das ist nicht so! Paare finden sich auch aus anderen Gründen, wie gemeinsame Interessen, dem Bedürfnis nach Sicherheit oder Elternschaft … und diese Präferenz ändert sich in der Regel im Verlauf der Partnerschaft nicht.

Mit der Schwangerschaft beginnt eine neue Lebensphase. Eltern zu werden, bringt viele Veränderungen mit sich, im Alltag, in der Beziehung und für das jeweilige Rollenverständnis. Diese Zeit ist nicht nur von Glück geprägt, sondern auch von Verunsicherung, Verantwortung, neuen Aufgaben und körperlicher Anstrengung. Da ist es verständlich, dass das Thema Sexualität in den Hintergrund tritt, vor allem für die Mütter, da sie in dieser Phase insbesondere seelisch, emotional und körperlich gefordert sind.

Sexualität ist eine starke, vitale Kraft, eine Fähigkeit, die immer wieder erweitert und erlernt werden kann. Sie stärkt uns in unserem Selbstbewusstsein, entspannt uns und schafft eine wohltuende und emotionale Bindung zu unserem Partner, die auch Probleme des Alltags erleichtern kann. Es ist wichtig, sich bewusst, nach einer Zeit der Eingewöhnung in die neue Lebensphase, auch wieder sinnlich, erotisch einander zuzuwenden. Oft braucht es dazu den Willen, die Erkenntnis, sich nicht aus den Augen verlieren zu wollen.

Es ist nicht einfach – aber es macht Sinn, sich die Frage zu stellen, wann haben wir wieder Zeit für uns? Wie können wir unsere „Rendezvous“ organisieren um uns wieder nah zu sein, zu kuscheln, uns zu spüren und mit der Zeit auch wieder sexuell zu begegnen? Die Erfahrungen der Elternschaft prägen und verändern uns und damit auch unsere Sexualität … es tut gut, sich selbst wieder sexuell wahrzunehmen und mit dem Partner/der Partnerin auszuloten wie wir uns in dieser Phase unseres Lebens sexuell begegnen möchten.

 

Ergänzung

Es wäre hilfreich, wenn KinderärztInnen, das sind Kontakte die in den ersten zwei Jahren nach der Geburt auf jeden Falls stattfinden, sich dieses Themas annehmen würden, „leise“ nachfragen und inspirieren … denn eine emotional und sexuell glückliche Beziehung stärkt auch die Kinder.