YES!WEEKLY #06

Krebs und Corona – Impfen bei Krebs – Corona-Impfverordnung in der Kritik – Behandlungs-qualität im Lockdown – Mutmacher – Storytelling – Präventionsmedizin – YES!APP-Geschichten

Liebe Freundinnen und Freunde, die Corona-Pandemie hat uns immer fester im Griff. Viele Menschen, mit denen ich spreche, schwanken wie ich selbst zwischen Zuversicht und Verunsicherung hin und her. In der Tageszeitung meines Vertrauens lese ich: „Impfungen können keinen Corona-Ausbruch auslösen.“ Natürlich nicht. Denke ich dabei – aber ich habe schließlich in der letzten Ausgabe von YES!WEEKLY zum Schwerpunkt Krebs und Corona gelesen, was Prof. Niederwieser beim Thema Impfen bei Krebs erläutert hat. Am Vorabend eines noch einmal deutlich verschärften deutschlandweiten Lockdowns nehme ich ein großes Bedürfnis nach seriöser Information wahr. Das zeigt sich auch in den zahlreichen Reaktionen, die uns im Verlauf der vergangenen Woche erreicht haben.

Zwar widmen wir uns wie angekündigt in YES!WEEKLY #06 dem Thema Storytelling: Aber vor allem möchten wir in diesen Tagen so gut es geht weiter dazu beitragen aufzuklären. Deshalb – und das ist neu: Die neue Rubrik „Brandaktuelles“ gleich zu Beginn dieser Ausgabe des Newsletters von yeswecan!cer unter anderem zu der Frage, warum es bislang in der Impfverordnung des Bundes keine Härtefallregelung gibt, die die besonderen Bedürfnisse von Krebspatient*innen berücksichtigt. Vielen Dank Prof. Dr. Dr. Guido Schumacher, Mitglied im Advisory Board von yeswecan!cer, für seine Einschätzung zu dieser drängenden Frage.
Unser Newsletter entwickelt sich weiter auf die Hinweise hin, die wir bekommen – und für die ich mich an dieser Stelle im Namen der Redaktion bedanken möchte. Mehrfach wurde uns zurückgemeldet: Wie schön es war, zu Beginn der letzten Ausgabe ein Mitglied aus dem Team von yeswecan!cer näher kennenzulernen. Deshalb die Idee, in YES!WEEKLY jede Woche einen von uns vorzustellen. Und so ist heute auch das neu: Ein kurzes Portrait von Norman macht den Anfang, der von Anfang an dabei war bei yeswecan!cer und nicht zuletzt die YES!APP vorantreibt. Verglichen mit ihm bin ich das Küken, wenn auch nicht an Lebensjahren: Ich bin der ganz Neue bei yeswecan!cer. Ich darf mich um den Newsletter kümmern und das alltägliche Redaktionsgeschäft organisieren. Von Hause aus bin ich Sprachdidaktiker, Schreibberater und -trainer. Zwar kümmere ich mich seit einigen Jahren vorrangig um Öffentlichkeitsarbeit, aber die meiste Zeit meines Berufslebens habe ich Deutschlehrer aus- und fortgebildet. Ich schreibe. Leidenschaftlich. Und deshalb: jeden Tag, beinahe den ganzen Tag. Ich habe lange Zeit nur für mich alles aufgeschrieben, was mich in besonderer Weise beschäftigte, um es besser zu verstehen und zu verarbeiten. Und ich kann berichten: Es funktioniert. Selbst, wenn man – so wie ich als Fachmann – die Methoden kennt und ihre Wirkmechanismen durchschaut.
Welche unglaubliche Kraft Krebspatient*innen aus ihrem Storytelling schöpfen können: Darum geht es unter anderem in dieser Ausgabe von YES!WEEKLY. Viel Spaß beim Lesen.

Axel Bitterlich
Content-Koordination von yeswecan!cer

Bitte schon jetzt vormerken: Die nächste YES!CON findet am Wochenende 18./19.9.2021 statt. Alle News dazu natürlich demnächst auch immer hier in YES!WEEKLY


KREBS UND CORONA
Impfen bei Krebs

Die Coronavirus-Impfverordnung steht in der Kritik: Weil die Verordnung derzeit keine besonderen Entscheidungen im Einzelfall zulässt. Deshalb hat sich yeswecan!cer mit einem Brief an Bundegesundheitsminister Jens Spahn, Schirmherr der YES!CON, gewandt: Um auf die besonderen Bedürfnisse von Krebspatient*innen in der Corona-Pandemie aufmerksam zu machen.

Der Spiegel berichtete am Samstag, 16. Januar 2020, dass und auf welche Weise eine Krebspatientin aus Hamburg gerichtlich das Recht auf eine schnellere Corona-Impfung erwirkt hat. Bei der Patientin war vor kurzem ein Tumor diagnostiziert worden, der dringend operiert werden muss, danach soll sich eine Chemotherapie anschließen. Die behandelnden Ärzte hatten deshalb dringend empfohlen, dass sie noch vor der Operation geimpft wird. Dies wurde jedoch zunächst – begründet mit der geltenden Impfverordnung des Bundes – abgelehnt.
Die Coronavirus-Impfverordnung regelt, welche Personengruppen zunächst geimpft werden können – sie baut auf der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (RKI) auf. In der Verordnung wird unterschieden nach Personengruppen mit höchster, hoher und erhöhter Priorität – zurzeit werden die Prioritäten ausschließlich nach Alter und Beruf festgelegt. Seit Impfstart Ende Dezember 2020 haben zunächst Personen über 80, Personen die in einer stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden sowie Betreuer*innen in Pflegeeinrichtungen und Mitarbeiter*innen in medizinischen Einrichtungen mit hohem Ansteckungsrisiko einen Anspruch auf die Schutzimpfung. Außerdem sind in den meisten Bundesländern bei der Vergabe der Impftermine keine Möglichkeiten vorgesehen, eine besondere Dringlichkeit anzumelden. Wegen ihres Alters wäre die Patientin trotz ihres schweren Krebsleidens in die dritte Kategorie gefallen: Laut Verordnung hätte die Hamburgerin also erst in einigen Monaten die Corona-Impfung bekommen. Doch sie zog mit einem Eilantrag vor das Verwaltungsgericht Hamburg. Mit Erfolg.

Der Fall schlägt hohe Wellen: Zunehmend gerät die Coronavirus-Impfverordnung in der Öffentlichkeit unter Druck. Im Spiegel-Artikel erklärt Rechtsanwalt Jascha Arif, wie es dazu kam, dass seine Mandantin plötzlich doch sehr schnell einen Impftermin bekommen hat – und wer denselben Weg beschreiten könnte. Tatsächlich erscheint es absurd, Patient*innen mit einer Immunschwäche Wochen oder Monate warten zu lassen, während ein fitter 80-Jähriger sofort geimpft werden soll. Doch bislang gibt es in der Impfverordnung des Bundes keine Härtefallklausel, die Ausnahmeregelungen zulässt und besondere Bedürfnisse von unter anderem Krebspatient*innen angemessen berücksichtigt. Es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Bundestag hier nachbessert: Damit Betroffene nicht weiterhin vor die Verwaltungsgerichte ziehen müssen, um potenziell Leben rettende Impfungen zu erhalten.
Mehr zum Thema in der nächsten Ausgabe von YES!WEEKLY.

NACHGEFRAGT: PROF. DR. DR. GUIDO SCHUMACHER

Prof. Dr. Dr. Guido Schumacher ist Chefarzt der Klinik für Chirurgie des Städtischen Klinikums Braunschweig und Leiter des dortigen Darmkrebszentrums; zudem ist er Mitglied im Advisory Board von yeswecan!cer.

Prof. Schumacher ist Facharzt für Onkologische Chirurgie und stellvertretender Sprecher des Cancer Center Braunschweig, Leiter des Viszeralonkologischen Zentrums mit den Schwerpunkten Bauchspeicheldrüse und Speiseröhre, Leiter des Kompetenzzentrums für Erkrankungen der Speiseröhre und des Magens sowie Leiter des Kompetenzzentrums für Koloproktologie.

yeswecan!cer: Guten Tag, Prof. Schumacher. Viele an Krebs erkrankte Menschen wenden sich an uns mit der Frage, warum in der Coronavirus-Impfverordnung Krebspatient*innen nicht pauschal eine hohe Priorität zugeordnet wird. Sie sind Botschafter von yeswecan!cer. Was antworten Sie?
Prof. Schumacher: Durch die Rechtsverordnung des Bundegesundheitsministeriums wurde die Reihenfolge der Impfung festgelegt und in drei Gruppen eingeteilt: Da nicht alle Menschen gleichzeitig geimpft werden können und da zu Beginn nicht ausreichend Impfstoff für alle zur Verfügung steht. Erst in die dritte Gruppe, die Menschen mit erhöhter Priorität beschreibt, gehören unter anderem Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen wie akute und chronische Leukämie, malignes Lymphom und Multiples Myelom. Aber auch Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren gehören dazu. Ferner betrifft dies auch alle Patient*innen unter aktueller systemischer Therapie. Das bedeutet, dass eine gewisse Wartezeit für Krebskranke besteht, bis gegen COVID-19 geimpft werden kann. Wenn natürlich Faktoren dazu kommen wie ein Alter über 80, bestimmte Begleiterkrankungen oder ein systemrelevanter Beruf gehört man nicht mehr in Gruppe 3, sondern in Gruppe 1 oder 2, so dass die Dringlichkeit dann erhöht ist.
yeswecan!cer: Das bedeutet doch aber: Dass im Einzelfall eine Verzögerung eintreten kann, bis eine Krebspatient*in eine potentiell Leben rettende Impfung erhält.
Prof. Schumacher: Ja. Wir sehen aber, dass eine pauschale Einstufung in eine bestimmte Gruppe nicht immer möglich ist. Ob COVID-19 für Patient*innen mit Krebs im Einzelfall sehr gefährlich ist oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Einen ist das Risikoprofil durch Alter, Begleiterkrankungen, Rauchen und anderes wichtig. Zum anderen spielt die Krebsart, die Erkrankungssituation und die notwendige Therapie jeweils eine wichtige Rolle. Zusammen mit den behandelnden Ärzten ist es jedoch möglich, die aktuelle Situation des Einzelnen einzuschätzen und daraus die Dringlichkeit für die COVID-19 Impfung abzuleiten.

Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn die Coronavirus-Impfverordnung des Bundes eine entsprechende Dringlichkeit – attestiert durch den behandelnden Arzt einer Krebspatient*in – berücksichtigen würde.

In der nächsten Ausgabe von YES!WEEKLY ausführlich: Prof. Dr. Dr. Guido Schumacher zu „Krebs und Corona“ sowie „Impfen bei Krebs“.

SOLL ICH – ODER SOLL ICH NICHT?

Wer sich noch mehr Informationen wünscht, findet im Blog von Annette Mertens aus Aachen zum Thema Soll ich mich wirklich gegen Corona impfen lassen? wertvolle Hilfestellung und Unterstützung.

Annette Mertens ist Biologin mit Erfahrungen in der Arzneimittel-Entwicklung, Patientin nach einer Knochenmarktransplantation und seit vergangenem Jahr #Mutmacherin bei yeswecan!cer. Ihr Blog bietet anderen Patient*innen Informationen, Tipps und Gedanken zum Leben vor und nach einer Transplantation. Über den Jahreswechsel hat Annette intensiv zum Thema „Impfen bei Krebs“ recherchiert: Das Ergebnis ist ein brandaktueller Artikel, mit dem alle wesentlichen Fakten zusammengetragen und aufbereitet wurden. Dabei hat Annette die besondere Situation von Risikopatient*innen nach einer Chemotherapie oder Immunsuppression berücksichtigt. Und sie lässt die Leser*innen an ihrer ganz persönlichen Entscheidung teilhaben. Ohne auf die individuelle Entscheidung des Einzelnen Einfluss zu nehmen, werden die Fragen beantwortet:

> Wie kam es zu der schnellen Zulassung für den Impfstoff?
> Gibt es genügend Daten über den Impfstoff?
> Wie verträglich ist er?
> Kann ich mich als Risikopatientin mit einer Immunsuppression bedenkenlos impfen lassen?

Eine gute Entscheidungshilfe für Menschen mit einer Krebserkrankung, die ihre Einstellung zum Thema „Impfen bei Krebs“ durchdenken im Dschungel einer kaum überschaubaren Informationsflut.


WISSENSWERTES
Lockdown beeinflusst Krebsbehandlungen

Der Sender ntv berichtete am Donnerstag, 14. Januar 2020, dass seit dem Frühjahr 2020 viele Menschen aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus Krankenhäuser meiden – mit fatalen Folgen: Einer Studie von Europas größtem privaten Klinikbetreiber Helios zufolge wurden im vergangenen Jahr weniger Krebspatienten stationär aufgenommen. Dass es weniger Erkrankungen gab, ist jedoch unwahrscheinlich.
Im Rahmen der Studie wurden rund 69.000 Fälle von 75 Helios-Kliniken in 13 Bundesländern analysiert. Betrachtet wurden Krankenhausaufnahmen zwischen Mitte März und Ende April sowie in der Zeit unmittelbar danach bis Mitte Juni 2020 im Vergleich zu den entsprechenden Zeiträumen 2019. Die Autoren der Studie um den Mediziner Peter Reichardt vom Helios-Klinikum Berlin-Buch halten die Ergebnisse für repräsentativ für ganz Deutschland. Auch bei stationären Aufnahmen in den Bereichen Diagnostik und/oder Therapien betrage der Rückgang im und nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 im Schnitt 10 bis 20 Prozent, heißt es in einer Studie. Besonders betroffen seien Patienten über 75, bei denen im Schnitt 20 Prozent weniger Behandlungen durchgeführt worden seien. Zudem werden immer mehr onkologische Eingriffe verschoben, diagnostische Untersuchungen und Nachsorge teilweise stark zurückgefahren. So auch die Kritik der Corona Task Force von Deutscher Krebshilfe (DKH), Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Deutscher Krebsgesellschaft (DKG), die den Auftrag hat, die Versorgungssituation von Krebspatient*innen zu beobachten.

Ein allarmierender Befund. Denn offenbar sind viele Krebspatient*innen verunsichert. Und in Unkenntnis darüber, dass alle deutschen Kliniken ausreichende Vorsichts- und Schutzmaßnahmen etabliert haben, damit Patient*innen etwa Therapien sicher wahrnehmen können. Für die allermeisten Patient*innen ist der Krebs eine weitaus größere Gefahr für ihr Leben als eine Infektion mit Covid-19.


RÜCKBLICK auf den CALL-IN vom 14. Januar 2021
Mutmacher*innen – Was leisten Selbsthilfeinitiativen?

Im Gespräch mit Bianca Nawrath von yeswecan!cer berichteten die drei #Mutmacher*innen Barbara Baysal (Vorsitzende im Bundesverband Selbsthilfe Lungenkrebs e. V.), Andrea Voß (Gründerin des Reiseprojektes „Heldencamper”) und Dirk (Don) Rohde (Polizeibeamter, Onkolotse, Gründer der Selbsthilfegruppe „Kopf-Hals-Mund-Krebs e. V.), was sie motiviert hat, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Fragen:
Wie finde ich die passende Selbsthilfegruppe für mich? Was können Betroffene leisten? Was leisten Ehrenamtliche besser als Fachleute? Und wo haben sie (ihre) Grenzen?

Deutlich wird: Selbsthilfegruppen für an Krebs erkrankte Menschen ermöglichen den angst- und tabufreien Austausch von Wissen, Ideen und Erfahrungen unter gleichgesinnten Betroffenen. Doch immer dann, wenn medizinische Beratung zu leisten ist, müssen Fachleute hinzugezogen werden. Das meint auch, dass Selbsthilfegruppen keine psycho-therapeutische Fachberatung oder gar Therapie ersetzen können. Wenngleich Angebote von Menschen, die durch die gleiche Lebenssituation miteinander verbunden sind, außerordentlich wertvolle emotional-mentale Unterstützung bedeuten. Bereits das Gefühl, mit Ängsten und Sorgen nicht allein zu sein, bedeutet eine große Hilfestellung. Das gilt insbesondere in der Corona-Pandemie, die die Möglichkeiten, sich persönlich zu begegnen, stark einschränken. Trotzdem finden Selbsthilfegruppen Wege, den Austausch untereinanderaufrecht zu erhalten.


TIPP
Krebstag Ruhr 2021

Ihr konntet am vergangenen Samstag nicht live dabei sein? Kein Problem: Auf der Internetseite des Westdeutschen Tumorzentrums (WTZ) in Essen werden alle Vorträge beim digitalen Krebstag Ruhr  am 16. Januar 2021 kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Verlauf des Tages präsentierte sich auch yeswecan!cer: Dilek Skrabania und Norman Roßberg beantworteten zahlreiche Fragen der virtuellen Veranstaltungsteilnehmer*innen.


AUSBLICK auf den CALL-IN am 21. Januar 2021
Prävention – Wie kann ich schneller sein als der Krebs?

Eure Fragen. Unsere Expert*innen. Verpasst keinesfalls den nächsten CALL-IN am 21. Januar 2021 um 18 Uhr LIVE auf Facebook, YouTube und in der YES!APP.

Vorbeugung ist die beste Medizin, sagt der Volksmund. Aber was kann ich konkret tun? Selbst, wenn ich bereits erkrankt bin? Was kann ich dazu beitragen, wieder gesund zu werden? Wie lässt sich die Verschlimmerung einer Krebserkrankung verhindern? Welche Rolle spielen Ernährung und Bewegung für die Gesundheitsförderung? Welche möglichen Komplikationen während einer Krebserkrankung können abgemildert oder gar verhindert werden? Daniela Noack im Gespräch mit den Expert*innen:

Dr. Anna Erat, Chefärztin in der Klinik Hirslanden
Dr. Johannes Scholl, 1. Vorsitzender der Deutschen Akademie für Präventivmedizin
Dr. Ulf Petrausch, Facharzt für Innere Medizin, Onkologie, Immunologie & Allergologie am Onkozentrum Zürich

Wir hoffen auf möglichst viele Fragen von Euch. Also: Schickt uns eine E-Mail – am liebsten sind uns maximal 1 Minute lange Videos an: call-in@yeswecan-cer.org.


STORYTELLING
Geschichte schreiben

„Sie haben Krebs“ – diese Worte bringen die eigene Welt von Grund auf ins Wanken. Wie wird sich mein Leben verändern? Werde ich wieder gesund? Die psychischen Belastungen begleiten Betroffene häufig selbst nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Behandlung – und werden nicht selten zu einer lebenslangen Herausforderung. Die Erfahrung anderer Betroffener ist dabei von unschätzbarem Wert. Wie haben es diese Menschen geschafft, trotz Krebs ihr Leben zu leben?

Aber nicht nur das Lesen inspirierender Erfahrungsberichte macht Mut und entlastet dadurch: Vielen an Krebs erkrankten Menschen hilft das Schreiben über emotional belastende Ereignisse, um auf konstruktive, kreative Weise Stress zu bewältigen und das Erlebte besser zu verarbeiten. Zwar ist die Wirksamkeit des so genannten therapeutischen Schreibens wissenschaftlich gut erforscht und belegt, jedoch individuell verschieden. So wie nicht jede Therapiemethode bei jedem Patienten zum gleichen Erfolg führt, erlebt nicht jeder Mensch jede schreibtherapeutische Intervention als Unterstützung.
Grundsätzlich wird das „Schreiben für sich“ von dem „Schreiben für andere“ unterschieden. Manche Geschichten werden während einer Krise, andere im Anschluss an die erfolgreiche Bewältigung der Krise verfasst. In jedem Fall holt sich derjenige, der seine Lebenskrise schreibend begleitet, Kontrolle zurück. Scheibend wird als unkontrollierbar erlebten Umständen Sinn gegeben. Schreibend durchdenken wir Situationen besonders intensiv, schaffen Ordnung im Kopf und ordnen Dinge ein. Während wir darüber nachdenken, wie belastende Ereignisse in angemessene Worte gefasst und sprachliche Strukturen gekleidet werden können. Deshalb lässt sich auch die Frage, ob eine Schreibtherapie andere Therapien ergänzen kann oder gar ersetzen sollte, nicht pauschal beantworten. Zudem hilft es nicht jedem, nach außen gehen, um mit anderen in Kontakt zu treten. Es empfiehlt sich dringend, bei der Entscheidung, inwieweit Schreiben als zusätzliche oder alleinige Therapie in Frage kommt, den behandelnden Arzt einzubeziehen. Darüber hinaus macht in vielen Fällen eine professionelle Begleitung Sinn.

Seid Ihr interessiert? Jennifer Kroll, Leiterin des Berliner Verlags Eden Books, zeigt in ihrem fünfteiligen Workshop auf der YES!CON 2020 Schreiben als Bewältigungstherapie unterschiedliche Möglichkeiten auf, Geschichten zu erzählen. Der Workshop bietet viele wichtige, wertvolle Tipps: Nicht nur mit Blick auf Tagebücher oder Bücher. Jennifer Kroll beschäftigt sich auch mit Digital Diaries, Blogs auf SocialMedia-Kanälen oder Videoblogs.
#dubistnichtallein!


TIPP
Online-Workshops Storytelling

Im Internet finden sich unzählige kostenpflichtige, aber auch viele kostenlose Online-Workshops zum Storytelling: Schon eine einfache Google-Recherche reicht aus … und jede oder jeder Interessierte findet ein passendes Angebot. Einfach mal ausprobieren? In allen größeren deutschen Städten bieten zudem die Volkshochschulen Kurse zum Storytelling, häufig „Literarisches Schreiben“ genannt, an. Durchaus trotz Corona-Pandemie. Vielleicht gibt es in Eurer Stadt auch privat organisierte Schreibgruppen oder Literaturkreise? Schaut einfach mal, was um Euch herum los ist.
Das Bedürfnis, sich in der Corona-Pandemie trotz massiver Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens untereinander auszutauschen, ist ungebrochen: Wir telefonieren häufiger und vor allem länger. Im vergangenen Jahr 2020 dauerte eine Mobilfunkverbindung durchschnittlich 3 Minuten und 20 Sekunden – und damit 35 Sekunden länger als im Vorjahr 2019, wie die Mobilfunkunternehmen Vodafone und Telefónica (O2) evaluiert haben. Viele Menschen haben mehr selbstbestimmte Zeit. Unser Tipp: Schreibt.


NORMAN ROSSBERG
Public Relation Manager bei yeswecan!cer

Hallo Norman: Stell’ Dich doch bitte einmal kurz vor.
Hallo, mein Name ist Norman Roßberg. 2016, mit untypischen 33 Jahren, wurde bei mir die seltene Blutkrebsform multiples Myelom festgestellt. Nach zahlreichen Chemozyklen und zwei Hochdosis-Chemos inklusive Stammzelltransplantationen konnte ich 2018 wieder in den Alltag zurückkehren.

Warum engagierst Du Dich bei yeswecan!cer?
Schon während meines ersten Telefonats mit Jörg Hoppe 2017 war mir sehr schnell klar: Die Idee von yeswecan!cer möchte ich unterstützen – ich möchte mich engagieren, möchte Mut machen, anderen Betroffenen zeigen: Das Leben geht weiter.
Ich bin selbst von der ersten Sekunde an sehr offen mit meiner Erkrankung umgegangen. Der gelebte, tabufreie Umgang mit der Erkrankung ist mir sehr wichtig. Es gibt schon genug Hürden als Betroffener, da möchte man sich nicht auch noch ausgegrenzt fühlen. Wir geben Krebs ein Gesicht und verstecken uns nicht, denn nur so können wir Tabus brechen, andere unterstützen und zeigen: Du bist nicht allein! Das finde ich toll.
Was bedeutet Dir Dein Engagement für yeswecan!cer?
In den ersten sechs Wochen meiner Behandlung war ich ans Bett gefesselt. Wegen meiner angegriffenen Knochen drohte eine Querschnittslähmung. Die einzige Kommunikation nach außen lag mehrmals am Tag in meiner Hand: mein Smartphone. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist nach meiner Erfahrung Gold wert. Sie verstehen einen ganz anders als es jeder Psychoonkologe kann – deren Bedeutung ich hiermit nicht in Frage stellen möchte. Aber meine Zimmerkollegen waren meist viel älter, hatten eine andere Diagnose und auch ganz andere Sorgen als ich mit Anfang 30. So kam ich zur YES!APP: Es gab und gibt bis heute kein vergleichbares Angebot. Und deshalb ist es für mich umso interessanter, die YES!APP immer weiter zu entwickeln und auf die Anforderungen von Patient*innen und Angehörigen anzupassen. Wir erfinden die YES!APP ständig neu, wenn man so möchte.
Gerade in der Corona-Pandemi ein der sich Selbsthilfegruppen leider nicht treffen und Betroffene sich im persönlichen Kontakt untereinander austauschen können, ist ein digitales Angebot extrem wichtig: Damit die Selbsthilfe, die Unterstützung und das Verständnis von und durch ebenfalls Betroffene nicht auf der Strecke bleibt.
#dubistnichtallein.


INTERESSANTES
Schreiben als Bewältigungstherapie

Was motiviert Menschen, über das eigene (Krebs-)Schicksal oder das ihrer Angehörigen zu schreiben und ihre Geschichten mit der Öffentlichkeit zu teilen?
Gleich zwei Panels während der YES!CON 2020 stellen Menschen vor, die den Mut und die Kraft aufgebracht haben, ein Buch zu veröffentlichen. Die beiden Panels stellen sehr unterschiedliche Bücher und ihre Autor*innen näher vor: Wie haben sie es geschafft, schreibend ihre Krise erfolgreich zu überwinden? Trotz aller Unterschiede berichten alle in ähnlicher Weise von den therapeutischen Effekten, die es für sie bedeutet hat, die eigene Sprachlosigkeit zu überwinden.
CANCER IS AN ASSHOLE

Die Geschichten hinter den Geschichten von Autor*innen, die vor der Konfrontation mit Krebs nie vorhatten, ein Buch zu schreiben, stehen im Mittelpunkt des Panels Krebspatienten erzählen ihre Geschichte (Erwachsene). Jennifer Kroll, Leiterin des Berliner Verlags Eden Books, im Gespräch mit den drei Autor*innen:
Anja Caspary, die im Titel ihres Buches sagt „In meinem Herzen steckt ein Speer“. Die radioeins-Musikchefin und -Moderatorin Anja beschreibt in ihrem Buch das Jahr, in dem sie die Diagnose Brustkrebs bekommt und dann auch ihr Mann schwer erkrankt und verstirbt. Wie kann ein Leben gelingen, über das gleich zwei existenzielle Katastrophen hereinbrechen? Anjas Buch ist eine Liebeserklärung.
So wie bei Ines Gillmeister: Als ihr Mann Simon gegen den Krebs kämpft, beginnt die gelernte Erzieherin gegen ihre Angst und Trauer anzuschreiben. Ihren Blog nennt sie „Cancer is an Asshole“, Zehnzausende lesen ihre Berichte. Nach 6 Jahren stirbt Simon mit nur 37 Jahren an den Folgen eines Multiplen Myeloms. Ein halbes Jahr später erscheint ihr Buch „Rock den Himmel, mein Held“. Ein Buch über den langen Weg ihres Mannes, über Zweifel und Hoffnungslosigkeit, aber auch über das Glück der Anteilnahme.
Tim Lobinger ist erfolgreicher Weltsportler, durchtrainiert, stark – er zeichnet sich durch sportliche Ausdauer, Erfolg und Ehrgeiz aus. 2017 bekommt er die Diagnose Leukämie. Nach fünf Chemotherapien und einer Stammzelltransplantation gilt er als geheilt. Doch noch bevor sein Erlebnisbericht „Verlieren ist keine Option. Mein Kampf gegen den Krebs“ erscheint, ist der Krebs 2018 in einer mutierten Form zurück. Der Kampf geht weiter für den Ausnahmesportler.

DER TOD KANN MICH MAL

Krebs ist nie fair. Für niemanden. Doch als noch ungerechter empfinden wir es, wenn Kinder- und Jugendliche von Krebs betroffen sind. Im Panel Krebspatienten erzählen ihre Geschichte (Kinder und Jugendliche) spricht Jennifer Kroll mit drei Autor*innen, die die Erkrankung von jungen Menschen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.
Marlene Bierwirth ist 18, als sie die Diagnose Hirntumor erhält. Aus dem Krankenhaus heraus schreibt sie in ihrem Blog über alles, was sie erlebt und bewegt. Heute hat Marlene eine Instagram-Community von 150.000 Followern, die ihren mutigen Kampf begleiten. Ihr Buch „Meine Medizin seid ihr“ versteht die mittlerweile 20-jährige als Danksagung an alle, die ihr durch die schwierigste Zeit in ihrem jungen Leben geholfen haben.
Als Feuerwehrfrau und Rettungsassistentin ist Melissa Scholten stresserprobt. Doch das Leben stellt sie vor die ultimative Herausforderung. Melissa Scholten verliert ihr Kind. Julius ist vier Jahre alt, als er die Diagnose Krebs bekommt. In „Julius Tigerherz“. Aufgeben ist keine Option“ beschreibt seine Mutter den Kampf gegen den Krebs aus ihrer Sicht – wie sie ihr Kind durch die Behandlung begleitet hat und schließlich gehen lassen muss.
Ein Interview mit einer jungen Leukämiepatientin motiviert Kira Brück, ihr Buch „Der Tod kann mich mal“ zu schreiben. In Gesprächen mit insgesamt 12 schwerkranken Jugendlichen zeichnet die junge Journalistin deren Blickwinkel auf das Leben, ihr Leid und den Tod auf: Wie sind die jungen Menschen mit ihrem Schicksal umgegangen, was hat ihnen die Kraft gegeben, weiterzumachen – und welche Lehren haben sie daraus für ihr Leben gezogen? Dabei feiert „Der Tod kann mich mal“ das Leben.


DU BIST NICHT ALLEIN!
YES!APP-Geschichten

Über die YES!APP haben sich Rosi und Manu kennengelernt. Rosi hat uns geschrieben:

Ich habe mich getraut, meine Geschichte aufzuschreiben und in der YES!APP zu veröffentlichen. Das war keine leichte Sache für mich, hat mir am Ende aber sehr gut getan: Vor allem, weil ich dadurch mit Manu in Kontakt kommen bin. Manu hat – wie ich selbst – ihre Tochter an den Krebs verloren. Wir haben unsere Nummern getauscht, nachdem Manu sich auf meine Geschichte hin bei mir gemeldet hat. Nur eine Mutter, die den Tod ihres Kindes erleben musste, kann nachvollziehen und wirklich verstehen, welche Trauer du empfindest. Du weißt: Viele Eltern verlieren ihre Kinder viel zu früh. Wenn es aber dir passiert, ist das so einmalig, als wäre es nur dir passiert. Manu kannte sonst niemanden, der das Gleiche durchmachen muss. Wir sprechen darüber, wie es ist, wenn für immer etwas fehlt. So stützen wir uns, geben uns gegenseitig Mut und Kraft.
Heute leite ich im realen Leben eine Angehörigengruppe. Mit der Gruppe haben wir eine Möglichkeit geschaffen, dass sich Menschen austauschen können, die einen geliebten Menschen an den Krebs verloren haben. Doch auch in der YES!APP habe ich einen geschützten Ort gefunden, an dem diejenigen, die das gleiche durchmachen, füreinander da sein können. Deshalb bin ich rückblickend sehr froh, dass ich mich getraut habe, meine Geschichte in die YES!APP hinein zu schreiben.

Dankeschön. Liebe Rosi. Für Deine Geschichte.
#strong2gether

Übrigens: Im Frühjahr dieses Jahres 2021 werden wir eine Tagebuchfunktion in die YES!APP integrieren: So dass jeder seine aktuellen Daten, vor allem aber auch seine Ideen, Erfahrungen und Gedanken festhalten kann.
Bleibt gespannt.

Schickt uns Eure YES!APP-Geschichten!
Welche Begegnungen verdankt Ihr der YES!APP? Welche Freundschaften habt Ihr hinzugewonnen? Wie habt Ihr Euch kennengelernt? Und vor allem: Welche Inspiration verdankt Ihr den Menschen, die Ihr ohne die YES!APP möglicherweise nie kennengelernt hättet?
Bitte teilt Eure Erlebnisse mit uns. Schreibt uns, wie die YES!APP Euch hilft, wie sie Euch stark und mutig macht. Damit wir Eure Geschichten weitererzählen können.
Wir freuen uns über jede Mail an news@yeswecancer.org


WATCHLISTE
Die heilende Kraft des Schreibens

In dieser Ausgabe von YES!WEEKLY habe wir Euch bereits sechs spannende Bücher und ihre Autor*innen vorgestellt: Jedes einzelne von Ihnen ist empfehlenswert. Deshalb nun ein Buch über’s Schreiben selbst:

Die eigene Biografie enthält große Schätze, aber auch unverarbeitete Erfahrungen. Wie hebe ich meinen Schatz, setze mich konstruktiv mit Schmerz, Sorgen, Ängsten auseinander? Schreiben kann eine Methode sein, sich auf sanfte Art mit der eigenen Lebensgeschichte auseinanderzusetzen – und auszusöhnen. Die Autor*innen, alle erfahrene Schreibtherapeuten, geben einen Überblick über die verschiedenen Techniken des therapeutischen Schreibens. Anhand zahlreicher Beispiele zeigen sie, wie die schreibende Beschäftigung mit der eigenen Lebensgeschichte heilsame Kraft entwickelt und auf einfache Weise von jeder und jedem im Alltag genutzt werden kann. Das Buch zeichnet sich vor allem durch seine Übungen aus, dank der jede Leser*in leicht und schnell in das Thema hineinfindet: Sicher eines der besten Ratgeberbücher in diesem Bereich, das spannend in die Thematik einführt und Lust macht, die beschrieben Schreibmethoden sofort einfach mal selbst auszuprobieren.

Brigitte Schulte, Barbara Schulte-Steinecke, Lutz von Werder:
Die heilende Kraft des Schreibens.

Patmos Verlag 2011
Paperback, 162 Seiten
ISBN: 978-3-8436-0087-3
€ 14,90 [D]


WEITER GEHT’S …

Die nächste Ausgabe von YES!WEEKLY versenden wir heute in einer Woche am Dienstag, 26. Januar 2021: Freut Euch auf YES!WEEKLY #07 – wieder mit vielen Neuigkeiten rund um yeswecan!cer und das Thema Krebs sowie Wissenswertes und Interessantes zur Personalisierten Medizin.

Schnell noch die Bitte: Bitte macht uns auf Veranstaltungstermine aufmerksam, auf die wir hinweisen sollen.

Wenn Euch diese Ausgabe von YES!WEEKLY gefallen hat: Macht bitte Werbung für uns.
yeswecan-cer.org/newsletter. Und schreibt uns, was wir noch besser machen können. Jede E-Mail an news@yeswecan-cer.org wird beantwortet.

Haltet den Kopf oben!


Vielleicht mögt Ihr YES!WEEKLY #06 jetzt gleich sofort direkt einer Freund*in weiterleiten?
Das geht mit einem Klick ganz einfach:

Newsletter weiterempfehlen